Als ich 8 Jahre alt war, habe ich das erste (und letzte) Mal an einem Zeichenwettbewerb teilgenommen. Die Kinderseite der Frankfurter Rundschau forderte ihre Leser dazu auf, ein Bild von ihrer Familie zu malen und einzuschicken. Die Bilder sollten in der Zeitung abgedruckt werden.
Am liebsten malte ich damals mit meinen Filzstiften. Zu jedem Weihnachtsfest gab es eine neue Packung bester Filzstifte von Markana. Jedoch aus irgendeinem Grund malte ich das Bild, das ich der Frankfurter Rundschau schickte, nicht mit diesen Filzstiften, sondern mit Bleistift. Vielleicht dachte ich mir, in der Zeitung ist immer alles schwarzweiß abgedruckt, da male ich besser gleich alles in schwarzweiß oder ich wollte einfach nur besonders ordentlich sein.
Ich zeichnete meine ganze Familie mit einem harten H-Bleistift, den ich mir von meinem Vater stibitzt hatte, der diese harten Bleistifte zum Schreiben benutzte. H-Bleistifte machen einen sehr dünnen und hellen Strich und so war das Bild für die Frankfurter Rundschau wohl meine allererste Strichzeichnung.
Nach ein paar Tagen lag für mich ein Brief von der Frankfurter Rundschau im Briefkasten. Ich war aufgeregt, denn außer zum Geburtstag von meiner Oma, bekam ich sonst keine Briefe.
In dem Umschlag befand sich mein zusammengefaltetes Bild und ein sehr freundliches Schreiben von einem Herrn der Frankfurter Rundschau. Er schrieb, liebe Martina, ich habe sehr lange überlegt, wie es mir gelingen könnte, dein Bild in der Zeitung zu drucken, aber es geht leider nicht. Der Bleistift ist zu hell, als dass man ihn auf dem Zeitungspapier erkennen könnte. Deshalb habe ich beschlossen, dir dein Bild zurückzuschicken.
Ich war furchtbar enttäuscht. Da hatte ich mir so viel Mühe gegeben und extra einen ganz spitzen Bleistift benutzt und ganz ordentlich gemalt und die wollten mein Bild nicht haben.
Jetzt habe ich beschlossen, nach so vielen Jahren ist es Zeit, endlich über dieses Trauma hinwegzukommen.
Ich habe mir meine besten Filzstifte genommen, von Pelikan, und damit meine ganze Familie gemalt, und zwar so, dass sie in jeder Zeitung ganz hervorragend abzudrucken wären.
Als ich die Bilder beschriftet habe, ist mir aufgefallen, dass ich das „MEIN“ mit ganz besonderer Freude geschrieben habe.
Das ist MEINE Familie, die gehören alle mir:
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