Perfekte unähnliche Porträts

Richtig gute Zeichenübung Nr. 5

Das, was beim Porträt zeichnen ja so richtig nervt, ist das Problem mit der Ähnlichkeit. Beim Porträt zeichnen, so der Konsens,  geht es um die Wiedererkennbarkeit einer Person, es geht um genaues Zeichnen oder, um es anders auszudrücken, es geht um „richtig gutes“ Zeichnen. Nur wer „richtig gut“ zeichnen kann, der kann auch Porträts zeichnen, oder?

Kaum etwas ist dem „richtig gut“ Zeichnen abträglicher, als der Wunsch „richtig gut“ zu zeichnen. Wer sich mit dem Ziel, „richtig gut“ zeichnen zu wollen an das Zeichnen macht und von Anfang an plant, ein richtig gutes Porträt zu zeichnen, hat für das Porträt zeichnen und auch allgemein für das Zeichnen, ganz schlechte Karten.

Vor lauter Panik einen Strich ungenau zu setzen, denn das geht ja angeblich sofort auf Kosten der Ähnlichkeit, kann man sich kaum darauf konzentrieren, sich diesen Menschen, dessen Porträt man zeichnen möchte, auch tatsächlich ganz aufmerksam anzuschauen.

Porträt zeichnen könnte so viel Freude machen, aber an was soll man nicht alles denken: nicht nur „genauso aussehen wie…“ soll es, nein, auch der Charakter und am besten noch das ganze innere Wesen der zu porträtierenden Person soll bitte auch noch erkennbar werden.

Mir ist das ja immer alles ein bisschen viel auf einmal.

Die „richtig guten“ Zeichnungen entstehen nämlich erst dann, wenn man beim Zeichnen nicht an die Zeichnung denkt und was und wie darauf zu sehen sein wird, sondern nur an das Zeichnen selbst. Das Wichtigste beim Zeichnen ist immer das Zeichnen und nicht die Zeichnung!!!! (diesen Satz aufschreiben und an den Spiegel hängen oder an die Staffelei oder neben das Klo.)

Noch mal: Beim Zeichnen geht es ums Zeichnen. Wenn wir zeichnen, lassen wir das Zeichnen entstehen. Die Zeichnung ist nur das Nebenprodukt des Zeichnens. (ebenfalls aufschreiben und neben den anderen Satz kleben.)

Wenn man nicht sehr oft zeichnet, also jedes einzelne Zeichnen eine Ausnahme-Angelegenheit ist, fällt es einem natürlich nicht leicht, diese innere Haltung, „zeichnen selbst ist wichtig, nicht die Zeichnung“, einzunehmen. Ganz schnell kommt da nämlich die Wenn schon/Denn schon-Regel zum Einsatz, die lautet: „Wenn ich mich schon mal hinsetze und zeichne, dann muss hinten auch die bestmögliche Zeichnung dabei herauskommen.“

Ein Teufelskreis entsteht: Ich zeichne nicht oft, es ist etwas Besonderes, also soll auch eine besondere Zeichnung entstehen. Weil ich nicht oft zeichne, entsteht keine besondere Zeichnung, deshalb bin ich enttäuscht, deshalb zeichne ich nicht oft….und von hier aus zurück an den Anfang.

Eine Maßnahme, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen oder erst gar nicht hineinzugeraten ist, wer hätte das gedacht, das sehr oft Zeichnen. Wer oft zeichnet, gewöhnt sich an das Zeichnen, er macht das Zeichnen zu einer Gewohnheit, zeichnen ist alltäglich. Man kann es sich erlauben, das Produkt Zeichnung zu vernachlässigen. Der Komponist Camille Saint-Saens sagte über seine Art zu arbeiten: „Ich produziere Musik wie ein Apfelbaum Äpfel produziert.“ So kann es ein Zeichner, der oft zeichnet, auch sehen. Die einzelnen Zeichnungen sind keine Sensation mehr, sie entstehen einfach eine nach der anderen.

Wenn man sich ganz auf das Zeichnen selbst konzentriert, dann wird Zeichnen ganz wundervoll, und zwar ganz wörtlich genommen: voll der Wunder. Jetzt endlich kann etwas Neues entstehen, man löst sich vom Wunsch etwas perfekt abbilden zu wollen und gelangt zum Neuerschaffen.

So auch beim Porträt zeichnen.  Ein Porträt, das die Anforderungen erfüllt, welche das Lexikon fordert, Ähnlichkeit, Herausarbeitung der Persönlichkeit, Wesenstiefe, kann nicht unter dem Druck entstehen, genau dies alles zum Ausdruck bringen zu wollen. Ein Porträt muss man geschehen lassen. Der Zeichner stellt nur seine Mittel zu Verfügung. Diese sind seine Art zu zeichnen und seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit und nicht mehr. Er stellt sich dem Porträt nicht in den Weg, in dem er dessen Entstehung und Perfektion erzwingen will.

Beim Zeichnen nicht an die Zeichnung zu denken, scheint auf den ersten Blick unmöglich. Egal ob es sich um die allererste Zeichnung im Leben eines Zeichners handelt oder um die erste Zeichnung des Tages einer erfahreneren Zeichnerin, ihre Entstehung wird während des Zeichnens vom jeweiligen Zeichner aufmerksam und bewußt verfolgt. Sich beim Zeichnen nicht ständig selbst auf die Finger zu schauen, nicht zu versuchen das „Produkt Zeichnung“  zum Gelingen hin bewußt zu beeinflussen, bedarf immer wieder der tatsächlich erlebten Erfahrung, dass man den eigenen Zeichnungen erlauben kann, ganz sie selbst zu werden.

Die folgende Übung kann der Beginn sein, solche Erfahrungen und solche Zeichnungen zu sammeln.

Suche Dir 30 bis 50 Fotos von Gesichtern zusammen, schwarzweiß oder farbig ist egal. Es sollten nicht weniger sein, eher mehr. Extra für diesen Zweck hebe ich mir Verlagsprospekte und Veranstaltungsprogramme auf. In solchen Publikationen sind immer viele Menschen abgebildet. Aber wenn man ein paar Ausgaben der Tageszeitung durchpflügt, bekommt man auch schnell die entsprechende Anzahl der Fotos zusammen.

Zeichne nun ein Gesicht nach dem anderen. Die Vorgaben sind:

– Zeichne mehrere Gesichter auf ein Blatt, am besten bis das Blatt voll ist, die Anordnung ist unwichtig.

– Zeichne zügig und schnell. Leider habe ich vergessen auf die Uhr zu schauen, aber ich schätze für die unten gezeigten Beispielblätter mit 33 Gesichtern habe ich weniger als eine Stunde gebraucht.

– Zeichne UN-perfekt. Das heißt, und das ist jetzt der wichtigste Hinweis zu dieser Zeichenübung: Betrachte ein Gesicht sehr genau, aber antworte mit dem Stift auf dem Papier, als wäre dir die Zeichnung, die entsteht, völlig gleichgültig.

Zeichne so nachlässig wie du nur kannst, aber schaue so aufmerksam wie du nur kannst.

Noch mal:

Zeichne so nachlässig wie du nur kannst, aber schaue so aufmerksam wie du nur kannst.

Und so machst Du eine perfekte unähnliche Porträtzeichnung nach der anderen. Das macht so einen Spaß. Wenn du erst einmal angefangen hast, könnte es sein, dass du nicht mehr so schnell wieder aufhören willst.

Sinn der Übung:

Vielleicht sollte ich es vorab nicht verraten, weil ich dir ein wenig die Überraschung verderbe, aber ich schaffe es nicht, es für mich zu behalten. Du wirst nämlich folgendes feststellen: du kannst es nicht verhindern, dass diese Porträts, die du da zeichnest, mit den Porträtierten große Ähnlichkeit habe werden. Je mehr du dich dem aufmerksamen Betrachten widmest und je gleichgültiger dir das Zeichen-Ergebnis ist, um so ausgeprägter wird diese Ähnlichkeit ausfallen.___________________________________________________________________

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100 Zeichnungen in 30 Minuten

Richtig gute Zeichen-Übung Nr. 1:

Nimm 100 Blatt von irgendeinem billigen Papier, z.B. von einem Notizblock-Würfel oder von einem alten Tageskalender, und lege sie als Stapel links von Dir auf den Tisch (oder rechts, je nach Händigkeit).

Entscheide Dich für einen einzigen Stift, wie z.B. einen Kugelschreiber oder einen weichen Bleistift oder einen schwarzen Filzstift.

Und jetzt zeichne was das Zeug hält, ein Blatt nach dem anderen.

Das Einstellen eines Küchenweckers auf 30 Minuten ist optional. Es ist nicht wichtig, ob man tatsächlich in 30 Minuten fertig wird oder schon in 25 Minuten oder in 45 Minuten. Wichtig ist, in relativ kurzer Zeit sehr viele Zeichnungen anzufertigen.

An dieser Stelle könnte ich jetzt sagen: Auf die Plätze, fertig, LOS!

Doch zuvor noch ein paar Hinweise:

– Bevor Du anfängst, überlege NICHT was Du zeichnen willst und lege Dir auch nichts zurecht, um es abzuzeichnen. Du kannst darauf vertrauen, dass Du einen großen Vorrat innerer Bilder hast. In Dir drin findet sich genug was Du zeichnen kannst.

– Lass Deine Hand entscheiden, wohin die Linie geht, nicht Deinen Kopf. Schau einfach nur zu, was Deine Hand auf dem Papier entstehen läßt. Gegenständlich oder abstrakt, lass Dich überraschen.

– Es geht hier um´s schnell zeichnen, d.h. Du musst mit jeder Zeichnung schnell fertig werden. Zeichne schnell und hör mit dem Zeichnen auch schnell wieder auf. Du wirst es fühlen, sobald eine Zeichnung fertig ist. Vertraue diesem Gefühl und greife schnell zum nächsten Blatt.

– Ja, irgendwann wirst Du schlapp machen. Bei Kilometer/Zeichnung 30 oder 55 denkst Du, ich hör jetzt auf, ich kann nicht mehr, das macht doch keinen Sinn. Wenn Du DANN weitermachst, TROTZDEM  weiter zeichnest, auch wenn Du glaubst nur noch sinnlos zu kritzeln (was Du ganz sicher glauben wirst, mach Dir da nichts vor), wirst Du am Ende den großen Preis gewinnen. Versprochen. Vielleicht nicht sofort und auf der Stelle, denn Du bist ja dann erstmal total erschöpft, aber Du wirst bald erkennen, wieviel Dir das Durchhalten gebracht hat.

– Und jetzt doch noch was Schwieriges : Wenn Du 100 Zeichnungen fertig hast, der Stapel Papier von der einen Seite zur anderen gewandert ist, verkneife es Dir, Deine Zeichnungen sofort anzuschauen. Pack den Stapel irgendwohin und hole ihn frühestens nach einer Woche wieder hervor. Was Du dann siehst, wird Dich überraschen.

Der Sinn der Übung?

– Du übst, ohne zu zögern zu Stift und Papier zu greifen und ohne zu zögern, den Stift aufs Papier zu setzen und loszulegen.

– Du lernst, Dich selbst als ZeichnerIn wahrzunehmen.

-indem Du Dir keine Zeit läßt, das „Gelungensein“ jeder einzelnen Zeichnung lang und breit zu hinterfragen, lernst Du Deine eigenen Zeichnungen zu akzeptieren und zu respektieren so wie sie sind.

– Du übst, Deiner inneren Kritikerstimme einfach davonzurennen und mit der Zeit gewöhnst Du Dich daran, sie gar nicht mehr zu hören.

– Das Zeichnen verliert den Nimbus des Außergewöhnlichen. Wer erst einmal 100 Zeichnungen gezeichnet hat, hängt kein Schild mehr raus mit der Aufschrift „Achtung, ich zeichne jetzt!“, bevor er beginnt zu zeichnen. Zeichnen wird dann schnell zu etwas Alltäglichem.

Hier zeige ich ein paar meiner eigenen Zettel-Zeichnungen. Die gestreiften Flächen sind entstanden, indem ich die Oberflächen-Struktur eines Buchdeckels durchgerieben habe. Die Gesichter mit den aufgerissenen Augen habe ich wahrscheinlich in dem Moment gezeichnet, als ich einfach n.i.c.h.t.  m.e.h.r  w.e.i.t.e.r.  m.a.c.h.e.n. w.o.l.l.t.e. und dann eben doch weiter gezeichnet habe.

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– Lass Deine Hand entscheiden, wohin die Linie geht, nicht Deinen Kopf. Schau einfach nur zu, was Deine Hand auf dem Papier entstehen läßt. Gegenständlich oder abstrakt, lass Dich überraschen.

– Es geht hier um´s schnell zeichnen, d.h. Du musst mit jeder Zeichnung schnell fertig werden. Zeichne schnell und hör mit dem Zeichnen auch schnell wieder auf. Du wirst es fühlen, sobald eine Zeichnung fertig ist. Vertraue diesem Gefühl und greife schnell zum nächsten Blatt.

– Ja, irgendwann wirst Du schlapp machen. Bei Kilometer/Zeichnung 30 oder 55 denkst Du, ich hör jetzt auf, ich kann nicht mehr, das macht doch keinen Sinn. Wenn Du DANN weitermachst, TROTZDEM  weiter zeichnest, auch wenn Du glaubst nur noch sinnlos zu kritzeln (was Du ganz sicher glauben wirst, mach Dir da nichts vor), wirst Du am Ende den großen Preis gewinnen. Versprochen. Vielleicht nicht sofort und auf der Stelle, denn Du bist ja dann erstmal total erschöpft, aber Du wirst bald erkennen, wieviel Dir das Durchhalten gebracht hat.

– Und jetzt doch noch was Schwieriges : Wenn Du 100 Zeichnungen fertig hast, der Stapel Papier von der einen Seite zur anderen gewandert ist, verkneife es Dir, Deine Zeichnungen sofort anzuschauen. Pack den Stapel irgendwohin und hole ihn frühestens nach einer Woche wieder hervor. Was Du dann siehst, wird Dich überraschen.

Der Sinn der Übung?

– Du übst, ohne zu zögern zu Stift und Papier zu greifen und ohne zu zögern, den Stift aufs Papier zu setzen und loszulegen.

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– Das Zeichnen verliert den Nimbus des Außergewöhnlichen. Wer erst einmal 100 Zeichnungen gezeichnet hat, hängt kein Schild mehr raus mit der Aufschrift „Achtung, ich zeichne jetzt!“, bevor er beginnt zu zeichnen. Zeichnen wird dann schnell zu etwas Alltäglichem.

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bei der Arbeit, zwischen zwei Bildschirmen

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Herr Weber und Frau Schmitt

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Lieschen und Peter

Wenn mir keiner Modell sitzen will, zeichne ich die Menschen eben aus dem Kopf. (da haben sie halt Pech gehabt) Wer sich tatsächlich zu erkennen glaubt, kann mich ja verklagen. 🙂

Überzeugende Portraits und was wir im Zeichen-Workshop herausgefunden haben

„Das Ganze kann nicht länger als ein paar Minuten dauern – dann stimmt es, oder auch nicht…wenn es nicht stimmt, wird der Versuch wiederholt, wenn nötig, mehrere Male, bis das Resultat überzeugt.“ 
Marylka Bender über das Porträt zeichnen, aus:  Marylka Bender, Der tanzende Pinsel, 1997. Die Malerin, Zeichnerin und Schriftstellerin Marylka Bender, geboren 1909, lebt in München.

Während des Zeichnens war immer mal ein Stöhnen im Raum zu hören: „Ach, ich habe die Nase falsch gezeichnet.“ oder „Das sieht gar nicht richtig aus.“
Ich hatte einige Texte der Künstlerin Marylka Bender mitgebracht. In einem spricht sie darüber, wie sie ihre Porträtzeichnungen nach deren Fertigstellung einschätzt. (s. Zitat oben)
Wir haben diese Texte gelesen und beschlossen, in Anlehnung der Ausdrucksweise von Marylka Bender, die Wörter „falsch“ bzw. „schlecht“ und „richtig“ bzw. „gut“, die wir alle so selbstverständlich im Bezug auf unsere Zeichnungen benutzen, durch „stimmt (nicht)“ und „überzeugt (nicht)“ zu ersetzen.

Mit dem Satz „die Nase ist falsch“ kann ich nichts anfangen. Das ist eine Feststellung, die mir nicht sagt, wie ich weitermachen kann. Wenn ich aber sage „die Nase stimmt nicht“, spüre ich sofort, dass ich sie nach-stimmen kann, immer und immer wieder. Mit dieser Einschätzung bleibe ich zeichnend in Bewegung, während mir „falsch“ nur die Tür gerade vor dieser Nase zuschlägt.

Wenn ich sage, „dieses Porträt ist gut“, ist das eigentlich eine positive Aussage. Aber wer „gut“ sagt, bleibt doch nur in dem nichtssagenden Bewertungssystem von „gut oder schlecht“ stecken.
Marylka Bender spricht davon, dass das Resultat, also das Porträt „überzeugt“.
Ein Porträt, das ich „gut“ finde, bleibt stumm. „Gut“ als Beschreibung ist ungenau und beliebig. Wenn ich hingegen entscheide, ob mich ein Porträt „überzeugt“ oder „nicht so überzeugt“, hat mir dieses Porträt ganz viel zu sagen.
Ein Porträt, das ganz offensichtlich „falsch“ gezeichnet ist, kann trotzdem eine tief empfundene ausdrucksstarke Darstellung  sein, die den Charakter und auch das Aussehen eines Menschen sehr genau nachzeichnet und kann somit als Porträt überzeugen.

Wie „überzeugend“ vermeintlich falsch gezeichnete Porträts sein können, konnten wir bei einer Übung nachvollziehen, die uns allen großen Spaß gemacht hat.
Verdeckt und für die anderen uneinsehbar, bekam jeder Teilnehmer des Workshops drei Fotos berühmter Persönlichkeiten ausgehändigt. Die Aufgabe bestand darin, die Gesichter dieser Menschen sehr schnell zu zeichnen und dabei darauf zu achten, was das jeweils Besondere ist, was diesen einen Menschen unverwechselbar macht und für jeden wiedererkennbar.
Dann wurden die Zeichnungen gezeigt und alle mussten raten oder besser: erkennen, wer diese gezeichnete Person ist.
Alle Personen wurden erkannt, denn alle Zeichnungen waren „überzeugende“ Porträts.
Waren die Fotos etwa ganz genau abgezeichnet worden?
Nein, in der Kürze der Zeit war das nicht möglich.
Haben an diesem Workshop etwa nur sehr erfahrene Porträtzeichner teilgenommen?
Nein, das war nicht der Fall.
Was war es dann, was diese Porträtzeichnungen so überzeugend machte?
Zuerst einmal war es ganz wichtig, dass wir keine große Sache von Sein oder Nicht-Sein daraus gemacht haben. Keiner musste Bedenken haben für seine Zeichnungen kritisiert oder gar ausgelacht zu werden. Alle Zeichner waren guter Dinge und haben fröhlich und entspannt drauflos gezeichnet.
Die Zeichenzeit war begrenzt. Keiner hatte Gelegenheit sich lange in die Proportionen eines Gesichts zu vertiefen.
Die Proportionen übrigens haben bei diesen überzeugenden Porträts fast nirgends gestimmt. Aber genau das war ja die interessante Entdeckung, die bei unserem Zeichen-Experiment so augenfällig wurde: Es ist eben nicht die exakte Wiedergabe eines Gesichts, die für die unverkennbare Ähnlichkeit und Lebendigkeit eines Porträts verantwortlich ist.
Die herzlich lachenden Augen habe den Dalai Lama verraten und das längliche Gesicht und die großen Ohren Prinz Charles. Die üppigen Kronjuwelen waren bezeichnend für die englische Königin und Angela Merkel wurde ohne zu zögern an ihrer ganz speziellen Ponyfrisur erkannt. Der winzige Mund, das herzförmige Gesicht und die dunklen hoch geschwungenen Augenbrauen konnten nur zu Liz Taylor gehören und diese merkwürdig unerschütterlich wirkende Frisur machte für uns alle John F. Kennedy unverkennbar.
Marylka Bender schreibt: „Oft ist es nur ein bestimmter Gesichtsausdruck, ein Zug um den Mund etwa, eine Kopfhaltung, eine Wangenkontur, die für die Charakterisierung ausschlaggebend ist.“
Und genau diese kleinen Besonderheiten sieht man zuerst, wenn man einem Menschen aufmerksam ins Gesicht schaut, und zwar bei allen Menschen, nicht nur bei Berühmtheiten.
Seiner eigenen Wahrnehmung und Sichtweise zu vertrauen und diese ohne zu zögern selbstbewusst aufs Papier zu bringen sind die besten Voraussetzungen, um überzeugende Porträts zu zeichnen.

 

 

Gesichter zeichnen

Ich habe ein Programm-Heft durchgeblättert und wahllos in kurzer Zeit ein Gesicht nach dem anderen gezeichnet. Auf diese Art übe ich mich darin, NICHT darüber nachzudenken, ob ich gerade etwas „falsch“ zeichne. Wenn man sich beim Zeichnen zu lange Zeit läßt, passiert es leicht, dass man jeden Strich auf dessen „Richtigkeit“ hinterfragt. Wenn man erst ein mal damit anfängt an seinem Strich zu zweifeln, wird man unsicher, achtet nur noch darauf, wie die Zeichnung selbst aussieht und vergisst völlig, das Modell oder die Vorlage unvoreingenommen anzuschauen.

Eine ausführlichere Beschreibung zu dieser Art des schnellen, möglichst „gedankenlosen“ Zeichnens ist hier zu finden:

Richtig gute Zeichenübung Nr. 5: Perfekte unähnliche Porträts

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„arte“-Porträt

Ein Mann, der in Frankreich Safran anbaut.

Ab und zu schaue ich im Internet arte tv. Wenn ich einen Menschen interessant finde, drücke ich die Stop-Taste und zeichne schnell dessen Gesicht. Das ist für mich die zweitbeste Methode Porträts zu zeichnen – nach der besten: direkt vor einem Menschen sitzen und zeichnen.

Meine ganze Familie

Als ich 8 Jahre alt war, habe ich das erste (und letzte) Mal an einem Zeichenwettbewerb teilgenommen. Die Kinderseite der Frankfurter Rundschau forderte ihre Leser dazu auf, ein Bild von ihrer Familie zu malen und einzuschicken. Die Bilder sollten in der Zeitung abgedruckt werden.

Am liebsten malte ich damals mit meinen Filzstiften. Zu jedem Weihnachtsfest gab es eine neue Packung bester Filzstifte von Markana. Jedoch aus irgendeinem Grund malte ich das Bild, das ich der Frankfurter Rundschau schickte, nicht mit diesen Filzstiften, sondern mit Bleistift. Vielleicht dachte ich mir, in der Zeitung ist immer alles schwarzweiß abgedruckt, da male ich besser gleich alles in schwarzweiß oder ich wollte einfach nur besonders ordentlich sein.

Ich zeichnete meine ganze Familie mit einem harten H-Bleistift, den ich mir von meinem Vater stibitzt hatte, der diese harten Bleistifte zum Schreiben benutzte. H-Bleistifte machen einen sehr dünnen und hellen Strich und so war das Bild für die Frankfurter Rundschau wohl meine allererste Strichzeichnung.

Nach ein paar Tagen lag für mich ein Brief von der Frankfurter Rundschau im Briefkasten. Ich war aufgeregt, denn außer zum Geburtstag von meiner Oma, bekam ich sonst keine Briefe.

In dem Umschlag befand sich mein zusammengefaltetes Bild und ein sehr freundliches Schreiben von einem Herrn der Frankfurter Rundschau. Er schrieb, liebe Martina, ich habe sehr lange überlegt, wie es mir gelingen könnte, dein Bild in der Zeitung zu drucken, aber es geht leider nicht. Der Bleistift ist zu hell, als dass man ihn auf dem Zeitungspapier erkennen könnte. Deshalb habe ich beschlossen, dir dein Bild zurückzuschicken.

Ich war furchtbar enttäuscht. Da hatte ich mir so viel Mühe gegeben und extra einen ganz spitzen Bleistift benutzt und ganz ordentlich gemalt und die wollten mein Bild nicht haben.

Jetzt habe ich beschlossen, nach so vielen Jahren ist es Zeit, endlich über dieses Trauma hinwegzukommen.

Ich habe mir meine besten Filzstifte genommen, von Pelikan, und damit meine ganze Familie gemalt, und zwar so, dass sie in jeder Zeitung ganz hervorragend abzudrucken wären.

Als ich die Bilder beschriftet habe, ist mir aufgefallen, dass ich das „MEIN“ mit ganz besonderer Freude geschrieben habe.

Das ist MEINE Familie, die gehören alle mir:

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Un-perfekte ähnliche Porträts

Richtig gute Zeichenübung Nr. 5

Das, was beim Porträt zeichnen ja so richtig nervt, ist das Problem mit der Ähnlichkeit. Beim Porträt zeichnen, so der Konsens,  geht es um die Wiedererkennbarkeit einer Person, es geht um genaues Zeichnen oder, um es anders auszudrücken, es geht um „richtig gutes“ Zeichnen. Nur wer „richtig gut“ zeichnen kann, der kann auch Porträts zeichnen, oder?

Kaum etwas ist dem „richtig gut“ Zeichnen abträglicher, als der Wunsch „richtig gut“ zu zeichnen. Wer sich mit dem Ziel, „richtig gut“ zeichnen zu wollen an das Zeichnen macht und von Anfang an plant, ein richtig gutes Porträt zu zeichnen, hat für das Porträt zeichnen und auch allgemein für das Zeichnen, ganz schlechte Karten.

Vor lauter Panik einen Strich ungenau zu setzen, denn das geht ja angeblich sofort auf Kosten der Ähnlichkeit, kann man sich kaum darauf konzentrieren, sich diesen Menschen, dessen Porträt man zeichnen möchte, auch tatsächlich ganz aufmerksam anzuschauen.

Porträt zeichnen könnte so viel Freude machen, aber an was soll man nicht alles denken: nicht nur „genauso aussehen wie…“ soll es, nein, auch der Charakter und am besten noch das ganze innere Wesen der zu porträtierenden Person soll bitte auch noch erkennbar werden.

Mir ist das ja immer alles ein bisschen viel auf einmal.

Die „richtig guten“ Zeichnungen entstehen nämlich erst dann, wenn man beim Zeichnen nicht an die Zeichnung denkt und was und wie darauf zu sehen sein wird, sondern nur an das Zeichnen selbst. Das Wichtigste beim Zeichnen ist immer das Zeichnen und nicht die Zeichnung!!!! (diesen Satz aufschreiben und an den Spiegel hängen oder an die Staffelei oder neben das Klo.)

Noch mal: Beim Zeichnen geht es ums Zeichnen. Wenn wir zeichnen, lassen wir das Zeichnen entstehen. Die Zeichnung ist nur das Nebenprodukt des Zeichnens. (ebenfalls aufschreiben und neben den anderen Satz kleben.)

Wenn man nicht sehr oft zeichnet, also jedes einzelne Zeichnen eine Ausnahme-Angelegenheit ist, fällt es einem natürlich nicht leicht, diese innere Haltung, „zeichnen selbst ist wichtig, nicht die Zeichnung“, einzunehmen. Ganz schnell kommt da nämlich die Wenn schon/Denn schon-Regel zum Einsatz, die lautet: „Wenn ich mich schon mal hinsetze und zeichne, dann muss hinten auch die bestmögliche Zeichnung dabei herauskommen.“

Ein Teufelskreis entsteht: Ich zeichne nicht oft, es ist etwas Besonderes, also soll auch eine besondere Zeichnung entstehen. Weil ich nicht oft zeichne, entsteht keine besondere Zeichnung, deshalb bin ich enttäuscht, deshalb zeichne ich nicht oft….und von hier aus zurück an den Anfang.

Eine Maßnahme, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen oder erst gar nicht hineinzugeraten ist, wer hätte das gedacht, das sehr oft Zeichnen. Wer oft zeichnet, gewöhnt sich an das Zeichnen, er macht das Zeichnen zu einer Gewohnheit, zeichnen ist alltäglich. Man kann es sich erlauben, das Produkt Zeichnung zu vernachlässigen. Der Komponist Camille Saint-Saens sagte über seine Art zu arbeiten: „Ich produziere Musik wie ein Apfelbaum Äpfel produziert.“ So kann es ein Zeichner, der oft zeichnet, auch sehen. Die einzelnen Zeichnungen sind keine Sensation mehr, sie entstehen einfach eine nach der anderen.

Wenn man sich ganz auf das Zeichnen selbst konzentriert, dann wird Zeichnen ganz wundervoll, und zwar ganz wörtlich genommen: voll der Wunder. Jetzt endlich kann etwas Neues entstehen, man löst sich vom Wunsch etwas perfekt abbilden zu wollen und gelangt zum Neuerschaffen.

So auch beim Porträt zeichnen.  Ein Porträt, das die Anforderungen erfüllt, welche das Lexikon fordert, Ähnlichkeit, Herausarbeitung der Persönlichkeit, Wesenstiefe, kann nicht unter dem Druck entstehen, genau dies alles zum Ausdruck bringen zu wollen. Ein Porträt muss man geschehen lassen. Der Zeichner stellt nur seine Mittel zu Verfügung. Diese sind seine Art zu zeichnen und seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit und nicht mehr. Er stellt sich dem Porträt nicht in den Weg, in dem er dessen Entstehung und Perfektion erzwingen will.

Beim Zeichnen nicht an die Zeichnung zu denken, scheint auf den ersten Blick unmöglich. Egal ob es sich um die allererste Zeichnung im Leben eines Zeichners handelt oder um die erste Zeichnung des Tages einer erfahreneren Zeichnerin, ihre Entstehung wird während des Zeichnens vom jeweiligen Zeichner aufmerksam und bewußt verfolgt. Sich beim Zeichnen nicht ständig selbst auf die Finger zu schauen, nicht zu versuchen das „Produkt Zeichnung“  zum Gelingen hin bewußt zu beeinflussen, bedarf immer wieder der tatsächlich erlebten Erfahrung, dass man den eigenen Zeichnungen erlauben kann, ganz sie selbst zu werden.

Die folgende Übung kann der Beginn sein, solche Erfahrungen und solche Zeichnungen zu sammeln.

Suche Dir 30 bis 50 Fotos von Gesichtern zusammen, schwarzweiß oder farbig ist egal. Es sollten nicht weniger sein, eher mehr. Extra für diesen Zweck hebe ich mir Verlagsprospekte und Veranstaltungsprogramme auf. In solchen Publikationen sind immer viele Menschen abgebildet. Aber wenn man ein paar Ausgaben der Tageszeitung durchpflügt, bekommt man auch schnell die entsprechende Anzahl der Fotos zusammen.

Zeichne nun ein Gesicht nach dem anderen. Die Vorgaben sind:

– Zeichne mehrere Gesichter auf ein Blatt, am besten bis das Blatt voll ist, die Anordnung ist unwichtig.

– Zeichne zügig und schnell. Leider habe ich vergessen auf die Uhr zu schauen, aber ich schätze für die unten gezeigten Beispielblätter mit 33 Gesichtern habe ich weniger als eine Stunde gebraucht.

– Zeichne UN-perfekt. Das heißt, und das ist jetzt der wichtigste Hinweis zu dieser Zeichenübung: Betrachte ein Gesicht sehr genau, aber antworte mit dem Stift auf dem Papier, als wäre dir die Zeichnung, die entsteht, völlig gleichgültig.

Zeichne so nachlässig wie du nur kannst, aber schaue so aufmerksam wie du nur kannst.

Noch mal:

Zeichne so nachlässig wie du nur kannst, aber schaue so aufmerksam wie du nur kannst.

Und so machst Du eine perfekte unähnliche Porträtzeichnung nach der anderen. Das macht so einen Spaß. Wenn du erst einmal angefangen hast, könnte es sein, dass du nicht mehr so schnell wieder aufhören willst.

Sinn der Übung:

Vielleicht sollte ich es vorab nicht verraten, weil ich dir ein wenig die Überraschung verderbe, aber ich schaffe es nicht, es für mich zu behalten. Du wirst nämlich folgendes feststellen: du kannst es nicht verhindern, dass diese Porträts, die du da zeichnest, mit den Porträtierten große Ähnlichkeit habe werden. Je mehr du dich dem aufmerksamen Betrachten widmest und je gleichgültiger dir das Zeichen-Ergebnis ist, um so ausgeprägter wird diese Ähnlichkeit ausfallen.

 

100 Zeichnungen in 30 Minuten

Richtig gute Zeichen-Übung Nr. 1:

Nimm 100 Blatt von irgendeinem billigen Papier, z.B. von einem Notizblock-Würfel oder von einem alten Tageskalender, und lege sie als Stapel links von Dir auf den Tisch (oder rechts, je nach Händigkeit).

Entscheide Dich für einen einzigen Stift, wie z.B. einen Kugelschreiber oder einen weichen Bleistift oder einen schwarzen Filzstift.

Und jetzt zeichne was das Zeug hält, ein Blatt nach dem anderen.

Das Einstellen eines Küchenweckers auf 30 Minuten ist optional. Es ist nicht wichtig, ob man tatsächlich in 30 Minuten fertig wird oder schon in 25 Minuten oder in 45 Minuten. Wichtig ist, in relativ kurzer Zeit sehr viele Zeichnungen anzufertigen.

An dieser Stelle könnte ich jetzt sagen: Auf die Plätze, fertig, LOS!

Doch zuvor noch ein paar Hinweise:

– Bevor Du anfängst, überlege NICHT was Du zeichnen willst und lege Dir auch nichts zurecht, um es abzuzeichnen. Du kannst darauf vertrauen, dass Du einen großen Vorrat innerer Bilder hast. In Dir drin findet sich genug was Du zeichnen kannst.

– Lass Deine Hand entscheiden, wohin die Linie geht, nicht Deinen Kopf. Schau einfach nur zu, was Deine Hand auf dem Papier entstehen läßt. Gegenständlich oder abstrakt, lass Dich überraschen.

– Es geht hier um´s schnell zeichnen, d.h. Du musst mit jeder Zeichnung schnell fertig werden. Zeichne schnell und hör mit dem Zeichnen auch schnell wieder auf. Du wirst es fühlen, sobald eine Zeichnung fertig ist. Vertraue diesem Gefühl und greife schnell zum nächsten Blatt.

– Ja, irgendwann wirst Du schlapp machen. Bei Kilometer/Zeichnung 30 oder 55 denkst Du, ich hör jetzt auf, ich kann nicht mehr, das macht doch keinen Sinn. Wenn Du DANN weitermachst, TROTZDEM  weiter zeichnest, auch wenn Du glaubst nur noch sinnlos zu kritzeln (was Du ganz sicher glauben wirst, mach Dir da nichts vor), wirst Du am Ende den großen Preis gewinnen. Versprochen. Vielleicht nicht sofort und auf der Stelle, denn Du bist ja dann erstmal total erschöpft, aber Du wirst bald erkennen, wieviel Dir das Durchhalten gebracht hat.

– Und jetzt doch noch was Schwieriges : Wenn Du 100 Zeichnungen fertig hast, der Stapel Papier von der einen Seite zur anderen gewandert ist, verkneife es Dir, Deine Zeichnungen sofort anzuschauen. Pack den Stapel irgendwohin und hole ihn frühestens nach einer Woche wieder hervor. Was Du dann siehst, wird Dich überraschen.

Der Sinn der Übung?

– Du übst, ohne zu zögern zu Stift und Papier zu greifen und ohne zu zögern, den Stift aufs Papier zu setzen und loszulegen.

– Du lernst, Dich selbst als ZeichnerIn wahrzunehmen.

-indem Du Dir keine Zeit läßt, das „Gelungensein“ jeder einzelnen Zeichnung lang und breit zu hinterfragen, lernst Du Deine eigenen Zeichnungen zu akzeptieren und zu respektieren so wie sie sind.

– Du übst, Deiner inneren Kritikerstimme einfach davonzurennen und mit der Zeit gewöhnst Du Dich daran, sie gar nicht mehr zu hören.

– Das Zeichnen verliert den Nimbus des Außergewöhnlichen. Wer erst einmal 100 Zeichnungen gezeichnet hat, hängt kein Schild mehr raus mit der Aufschrift „Achtung, ich zeichne jetzt!“, bevor er beginnt zu zeichnen. Zeichnen wird dann schnell zu etwas Alltäglichem.

Hier zeige ich ein paar meiner eigenen Zettel-Zeichnungen. Die gestreiften Flächen sind entstanden, indem ich die Oberflächen-Struktur eines Buchdeckels durchgerieben habe. Die Gesichter mit den aufgerissenen Augen habe ich wahrscheinlich in dem Moment gezeichnet, als ich einfach n.i.c.h.t.  m.e.h.r  w.e.i.t.e.r.  m.a.c.h.e.n. w.o.l.l.t.e. und dann eben doch weiter gezeichnet habe.

 

Heinz Mack

„Meine Ideen fallen wie Steine vom Himmel und gefährden mein Leben; ich mache Vögel daraus und lasse sie wieder fliegen…“

Heinz Mack

Bilder einer Ausstellung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Skizzen sind schon etwas älter. Im Museum Giersch in Frankfurt gab es eine Ausstellung der Werke von Marie-Louise Motesciczky, einer Beckmann-Schülerin. Und da ich die Bilder nicht abhängen und mit nach Hause nehmen durfte, habe ich sie mir halt abgezeichnet und mit nach Hause genommen.

 

Zeichen-Workshop am Freitag, 11. Februar 2011 in Frankfurt

Am Freitag, 11. Februar 2011 biete ich wieder einen Workshop an zum Thema

„Zeichnen unterwegs“. Dieses Mal gehen wir in´s Senckenberg-Museum.

Uhrzeit: 10 Uhr bis ca. 15 Uhr

Treffpunkt: im Foyer des Senckenberg-Museums in Frankfurt am Main.

Teilnahmegebühr: 35 Euro (vor Ort) plus Eintritt

Das Senckenberg-Museum ist ein Haus voller Wunder.

Wir werden mit offenen Augen und offenem Zeichenblock durch das Museum gehen und dort eine reichhaltige Welt zum Staunen und Zeichnen vorfinden.

Es wird ein sehr anregender Tag werden. Wir werden viel zeichnen, aber auch Gespräche darüber führen, was uns das Zeichnen bedeutet und auf welche Weise es unser Leben bereichert.

Bringt Euren Lieblingsblock mit und die Stifte, mit denen Ihr am liebsten zeichnet. Der Block sollte aber nicht größer sein, als das Format DIN A 4 und er muss eine feste Unterlage haben und gut in der Hand liegen. Auch kleine Blöcke im Format DIN A 5 eignen sich sehr gut für das Zeichnen unterwegs und sind unkompliziert in der Handhabung.

Denkt daran, dass das gesamte Material, die ganze Zeit mit herum getragen werden muss. Deshalb empfehle ich Beschränkung auf das Nötigste. Radiergummis, z. B. sind soundso „verboten“! 🙂

Klappstühlchen für´s Bequem machen gibt es im Museum.

Er frisst diejenigen, die beim Radieren erwischt werden

Selbstverständlich ist der Workshop auch und gerade für sogenannte „Anfänger“ geeignet.

Beim Zeichnen gibt es eigentlich keine Anfänger oder Fortgeschrittene, sondern nur Zeichner mit mehr oder weniger Zeichenerfahrung.

Jede Zeichnung ist ein spannender Neubeginn mit überraschendem Ausgang, egal ob es die 1. oder die 1000. Zeichnung ist.

Für solche, die schon immer zeichnen wollten, es aber bisher, aus welchen Gründen auch immer, nicht getan haben, bietet dieser Workshop eine gute Gelegenheit mit dem Zeichnen (endlich!?) Kontakt aufzunehmen.

Bitte meldet Euch an per E-mail:

martinawald@online.de

Ich freue mich sehr darauf, Euch alle am Freitag, den 11. Februar um 10 Uhr im Frankfurter Senckenberg-Museum zu sehen.

Bis dahin,

Martina

P.S.: „Walk-ins“ sind ebenfalls willkommen.

Und es geht doch ohne Ohren

In meiner umfangreichen und wertvollen Handzeichnungen- und Druckgraphiken-Sammlung (bestehend aus Computer-Ausdrucken und Photokopien) habe ich Porträts gefunden, die durchaus ohne die Darstellung von Ohren auskommen.

Wenn ich beim Zeichnen mal wieder zu ungeduldig bin, um auch noch die Ohren zu berücksichtigen, kann ich mich wenigstens auf berühmte Vorbilder berufen.

Henri Matisse, Kopf einer Frau, Conté-Stift auf Papier, 1952 - Quelle: artnet.de

Ross Wilson, Seamus Justin Heaney, Kohle und Bleistift, 1994, National Portrait Gallery, London

Clare Winsten, Portrait of Isaac Rosenberg, Bleistift, 1915 - Quelle: artnet.de

Gehören die Ohren zum Gesicht?

Diese Frage geht mir beim Porträt zeichnen schon mal durch den Kopf.
Ich zeichne gerne schnell. Es gibt doch auf der Welt so viele Gesichter zu zeichnen und plötzlich sehe ich ein so kompliziert geformtes Ohr, das meine Aufmerksamkeit verlangt, und dann frage ich mich ungeduldig, muss ich die Ohren etwa auch noch zeichnen?
Oft ziehe ich mich mit einem schnellen C-förmigen Kringel aus der Affäre, ohne mir die Zeit zu nehmen, dieses Ohr ganz genau anzuschauen.
Bei den Ohren kommt es doch nicht so drauf an, denke ich mir, wird schon irgendwie gut gehen. Schließlich hängt die Wiedererkennbarkeit eines Gesichtes nicht von einem korrekt dargestellten Ohr ab.
Auf den ersten Blick sieht so ein Ohr wirklich verwirrend aus. Ein Ohr zu zeichnen ist eine Herausforderung. Da ist so ein Wulst und eine große Vertiefung und es gibt so viele Knubbel und Kuhlen und selbstverständlich gleicht kein Ohr dem anderen.
Ein Kunstprofessor, so las ich kürzlich, verabschiedete sich in den Ruhestand. Wenn es ihm gelungen sei, sagte er in seiner letzten Vorlesung, seinen Schülern wenigstens beizubringen wie man Ohren zeichnet, sei er zufrieden.
Ein bescheidener Mann.
Aber ich habe mich ertappt gefühlt. An den Ohren kann man also die fleißigen von den faulen Zeichnern unterscheiden?
Ich bin mir da nicht so sicher.
Allerdings fällt es mir immer weniger leicht beim Porträt zeichnen über die Ohren hinwegzusehen.
Deshalb habe ich für ein paar Tage meine tägliche Porträtzeichnen-Zeit ausschließlich dem Ohren zeichnen gewidmet.

Wir alle haben Ohren am Kopf, aber wir sehen sie nicht alle Tage. Das Aussehen unserer eigenen Ohren ist uns eher fremd.
Ich wette, dass viele Menschen auf Fotos aus einer größeren Auswahl von Ohren, ihre eigenen Ohren nicht zweifelsfrei identifizieren könnten. Ich jedenfalls würde mich auf diese Wette nicht einlassen.
Wenn man einem Menschen begegnet, sind es nicht die Ohren, die zuerst bemerkt werden.
Eine verspiegelte Sonnenbrille, hinter der jemand seine Augen verbirgt, wird, zumal bei einer allerersten Begegnung, als störend empfunden. Wenn man die Augen eines Menschen nicht sehen kann, so glaubt man, sieht man den ganzen Menschen nicht vollständig.
Eine Mütze hingegen, die bis über beide Ohren reicht, wirkt scheinbar nicht beeinträchtigend.
Wenn Menschen miteinander sprechen, besonders wenn es etwas emotional sehr bedeutsames zu sagen gibt, schauen sie sich in die Augen.
Oder hat man schon jemals einen Liebhaber seufzen hören: „Ich schau Dir in die Ohren, Kleines?“
Nachdem ich so viel Zeit zeichnend in der Gesellschaft von Ohren verbracht hatte, konnte ich gar nicht mehr aufhören Ohren zu sehen.
Überall wo ich hin kam, hatten die Menschen plötzlich Ohren.
Meine kleine Selbstschulung im  Ohren zeichnen hatte mich gelehrt, dass die Ohren tatsächlich „zum Gesicht gehören“.
Ich machte erstaunliche Entdeckungen. Jedes Gesicht, in das ich blickte, schien mir bereichert und ausdrucksstärker, sobald ich die Ohren, soweit sichtbar, „mit anschaute“. Ich war überrascht, wie wichtig die Ohren für das Erscheinungsbild eines Menschen sind.
Seinen Mitmenschen nicht nur in die Augen, sondern auch mal auf und in die Ohren zu schauen, lohnt sich. Es muss ja nicht gleich ganz so tief sein.